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Stephanie Zeiler

Ausstellung

Reisepläne
Postkarten 2005/06

Einleitung

Möchtest du eine Reise nach Westafrika machen oder Asien – zum Beispiel in den Senegal, an einen See in Mali, ins Himalaja oder nach Indien? Im Angebot sind sieben Ziele. Afrikanische KünstlerInnen, eine Bäckerin, ein Student der Theaterwissenschaft, ein Philosoph und ein indischer Automechaniker laden ein, ihren einprägsamsten Reiserouten zu folgen.

Spanien / Indien [ top ]

RinkuRinku kommt aus Indien. Er erzählt von der längsten und beschwerlichsten Reise seines Lebens. In Neu-Delhi hat der 27-Jährige als Automechaniker gearbeitet, bevor er sich auf dem Weg nach Europa machte. Fünf Monate hat er gebraucht, um es bis nach Ceuta zu schaffen. Ceuta ist eine spanische Exklave, das heißt europäisches Staatsterritorium, aber geografisch bereits auf dem afrikanischen Kontinent, direkt neben Marokko, gelegen. Rinku lebt dort bereits seit drei Monaten im CETI, einem Auffanglager für Flüchtlinge, und hofft, dass ihm Asyl gewährt wird. Er ist von Neu-Delhi Anfang letzten Jahres, innerhalb von fünf Monaten bis nach Ceuta geflohen. Für die Reise musste er sich 3.500 bis 4.000 Euro leihen – von Freunden und Familie. Von dem Geld hat er zunächst seinen Flug von Indien nach Äthiopien gezahlt. Von Äthiopien ging es dann mit einem anderen Flieger weiter nach Mali. Die Strecke legte er in zwei Tagen zurück. Die nächste Etappe dauerte hingegen drei Monate. In Mali heuerte er nach etwas Suchen bei einem Schlepper an und ist dann mit einem Landcruiser durch die Sahara gereist. Für das letzte Stück bis nach Marokko musste er auf ein Taxi umstiegen. Dort kam er am 2. Mai 2005 an. Den kommenden Monat lebte er am Grenzzaun zwischen Marokko und Spanien und versuchte mehrfach über den Stacheldrahtzaun oder durch das Meer bis nach Ceuta zu kommen. Am 30. Mai 2005 hat er es schließlich geschafft - mit einem Schlauchboot. Rinku möchte in Europa bleiben. Seine Ziele waren als er noch im Auffanglager war, Spanien, Frankreich, Italien, England, Deutschland oder Belgien. Die hat er auf der Karte mit kräftigen blauen Linien eingezeichnet. Wo Rinku heute lebt, ist ungewiss.

Marokko / Tibet [ top ]

Rachid AznagAus Marokko erzählt dir Rachid Aznag von seiner schönsten Reise. Rachid ist ein junger Teppichhändler aus Marrakesch. Er hat Philosophie studiert, als Philosoph aber leider keinen Job bekommen. Deshalb verkauft er jetzt traditionell, marokkanische Teppiche an TouristInnen. Seine Reise-Empfehlung ist besonders schön, weil er auf der Karte zwei Momente zusammenbringt, die für ihn selber charakterisieren. Und zwar lädt er dich ein, mit ihm auf einem fliegenden Teppich ins Himalaja bis nach Tibet zu reisen. Ausgangspunkt ist die Königsstadt Marrakesch, die er links auf der Karte durch die Moschee kennzeichnet. Rachid hat viele deutschsprachige KundInnen. So hat er es sich nicht nehmen lassen, auch ein paar deutsche Worte auf die Karte zu schreiben: „Fliege teppich“.

Senegal [ top ]

Baye Chiekh MbaveIm Reise-Angebot ist auch der Senegal. Baye Chiekh Mbave ist Schmuck-Hersteller und lebt in Dakar, der Hauptstadt des Senegals. Er lädt ein, die Einkaufsstraße seiner Heimatstadt zu besuchen, in der er seinen Laden hat. Dort verkauft er Silber- und Perlenketten, Armbänder und Ringe. Auf der abstrahierten Karte sind die Ladenzeilen als rote Rechtecke abgebildet. Ansonsten siehst du dort möglicherweise noch Männer und Frauen beim Shoppen oder vielleicht sind es doch eher Stühle und Menschen in der Straße. Was du in Bayes Zeichnung interpretierst, bleibt deiner Fantasie überlassen.

Mali [ top ]

Baini TraniIn Ségou, der zweitgrößten Stadt Malis, lebt Baini Traní. Sie führt dort eine sehr gemütliche Bäckerei, in der sie einem zum Frühstück mit leckeren Omletts versorgt. Baini lädt dich ein, mit ihr in das Dorf ihrer Eltern zu reisen. Um dort hinzukommen, müsst ihr euch erst ein Auto leihen. Mit dem fahrt ihr dann querfeldein bis zum großen See. Dort nehmt ihr euch dann eine Piroge. Das ist ein langes kanuartiges Boot, auf dem hinten einer steht, der mit einem langen Stock ins Wasser sticht und dieses so vorwärtstreibt. Es funktioniert also ähnlich wie die Gondeln auf den Kanälen in Venedig. Wenn ihr mit dem Boot übergesetzt seid, erreicht ihr das Dorf Bogo, in dem Baini aufgewachsen ist. 80 Menschen leben dort – unter anderem ihre Familie.

Burkina Faso [ top ]

Bolly MoussaBolly Moussa ist Künstler. Er fertigt Schmuck aus Holzperlen und anderen natürlichen Materialien. Sein Arbeitsplatz ist das Artisanat in Ougadougou, der bedeutendste Ort für Kunsthandwerk in Burkina Faso. Bolly lädt dich ein, gemeinsam ein Pferd zu leihen und mit diesem 105 Kilometer durchs Gebirge bis zu dem Dorf zu reisen, in dem er geboren wurde. Es ist ein kleines Dorf mit Hütten und Ziegen. Wenn Besuch kommt, wird traditionell eine Mahlzeit zubereitet und später gefeiert. Auf der Karte siehst du die Menschen rechts unten in der Ecke tanzen.

Ghana [ top ]

Ahmed AlhajiAhmed Alhaji studiert Theaterwissenschaften in der Hauptstadt von Ghana, in Accra. Ahmed ist 23 Jahre alt und ein großer Fan des Straßennetzes in seiner Stadt. Er lädt dich und andere EuropäerInnen ein, nach Accra zu reisen, um sich dort die vielen Kreisverkehre anzusehen. Auf der Karte siehst du rechts eine große Moschee und die drei großen Kreisverkehre, die man passiert, wenn man vom Stadtzentrum zur Universität nach Legon fahren möchte. Ahmed fährt vermutlich selbst kein Auto, da die Pfeile, die er in die Kreisel gezeichnet hat, so nicht funktionieren können. Einen Kreisverkehr geradewegs durch die Mitte zu passieren, wäre aber unbestreitbar ein Abenteuer.

Benin [ top ]

Roland BokosRoland Bokos ist Maler. Er lebt in Cotonou, der Hauptstadt von Benin. Damit du dir ein Bild machen kannst von demjenigen, der dir eine Reise im Benin empfiehlt, hat Roland ein Porträt von sich links oben in die Ecke der Karte gemalt. Er lädt ein, von Cotonou aus an dem großen Berg vorbei einen Fußmarsch zu machen bis in das Dorf Bopa, in dem er geboren wurde. Roland ist es gewohnt viel zu laufen. Eine Stunde ist für ihn kein nennenswerter Weg. Da er den Reisenden auf der Karte als schwarz gekleidete Person, mit Körben links und rechts beladen, illustriert hat, ist die Route nach Bopa gewiss ein Tagesmarsch für den du ausreichend Proviant einpacken solltest.